Michel Péclard gehört zu den erfolgreichsten Zürcher Gastronomen. Vom Kochen, sagt der ehemalige Buchhalter, verstehe er nichts. Aber er sei ein guter Beobachter – und bediene eine Nachfrage, für die sich Branchenkollegen zu schön seien.
Während immer mehr Gastronomen ums Überleben kämpfen, eröffnen Sie eine Beiz nach der anderen. Was machen Sie besser?
Unsere Branche ist verrückt. Das denke ich jedes Mal, wenn ich in Luzern bin, ich unterrichte dort Rechnungswesen an der Hotelfachschule, ich bin ja ursprünglich Buchhalter. Ich werfe mit Zahlen um mich, denen zufolge ein junger Gastronom gleich einpacken kann: Wer heute in der Schweiz ein Restaurant eröffnet, meldet zwei Jahre später mit hoher Wahrscheinlichkeit Konkurs an. Das kanns nicht sein! Wir Gastronomen, Menschen überhaupt, rücken ungern vom Gewohnten ab. Was wir gelernt haben, wird nicht in Frage gestellt. Ich glaube, darin liegt der Fehler – und die Antwort auf die Frage, was ich anders mache: Ich breche aus.
Wie?
Von fixen Vorstellungen, wie Gastronomie aussehen soll, habe ich mich früh verabschiedet und mich stattdessen entschieden, Geld zu verdienen. Ich kann nicht kochen, von Wein habe ich auch nicht viel Ahnung. Aber ich bin ein guter Beobachter. So habe ich ein Gespür dafür entwickelt, was die Leute wollen. Und ich habe im Gegensatz zu anderen Gastronomen keine falsche Scheu, das auch umzusetzen.
Was wollen Sie damit sagen?
Viele Kollegen rümpfen die Nase über mein Angebot. Die lachen mich aus, weil ich mit Fischknusperli, Kartoffelsalat und Fleischspiessen komme. Das mag zwar banal sein, es läuft aber wie blöd. Darum nennen Sie mir einen Grund, wieso ich es nicht machen soll. Ich kenne keine falsche Scham. Viele Köche sind derart ein genommen von dem, was sie selbst als richtig erachten, dass sie meinen, den Gast erziehen zu müssen. Die echte Welt funktioniert aber nicht nach Lehrbuch, und vielleicht ist der Mensch einfacher gestrickt, als wir denken.
Sie behaupten also, viele Köche kochten am Gast vorbei – aus Dünkel.
Ja. Auch bei uns gibts darum öfter mal Knatsch mit den Köchen. Im Fischers Fritz fielen sie fast vom Hocker, als ich sagte, ich wolle mit Fisch aus dem Zürichsee Knusperli machen. Das sei eine Perversion dem Fisch gegenüber. Stimmt im Prinzip. Aber wenn der Gast es will? Fischknusperli sind unser Kassenschlager, wie der Kartoffelsalat von Baba in der Pumpstation. Den Salat haben nun alle unsere See-Beizen, sehr zum Leidwesen einiger Küchenchefs, die finden, es mangle ihm an Raffinesse. Fakt ist: Seitdem Baba für alle produziert, verkaufen wir dreimal mehr Kartoffelsalat. Der hat vermutlich eine Tonne Mayonnaise drin, aber die Leute lieben ihn.