Die Macht der Sprache

Kinder aus der sozialen Unterschicht haben düstere Bildungsperspektiven. Dagegen scheinen staatliche Fördermassnahmen wenig ausrichten zu können. Die US-Medizinprofessorin Dana Suskind will die Lösung für das Problem gefunden haben: Wenn Eltern mehr mit ihren Babys sprechen, wird alles besser, sagt sie. Forscher geben ihr recht.

Eigentlich ist Dana Suskind Chirurgin, doch mittlerweile kennt Amerika die 45-Jährige vor allem als Aktivistin – für Babysprache. Suskind will Eltern dazu bringen, so viel wie möglich mit ihrem Nachwuchs zu kommunizieren, und zwar ab Tag eins. Nicht etwa per Handzeichen, wie es die in Elternkursen propagierte «Zwergensprache» suggeriert, sondern indem sie mit Säuglingen und Kleinkindern sprechen, wann immer die Gelegenheit es zulässt. Das, sagt die Medizinprofessorin aus Chicago, sei Nahrung fürs Gehirn. Sprache, nur Sprache stelle sicher, dass der geistige Motor unserer Kinder dereinst sein volles Potenzial entfalten und auf Hochtouren schalten könne. «Fehlt einem Baby die Muttermilch, gibt es Alternativprodukte, die es am Leben und gesund erhalten», sagt Suskind. «Sein Gehirn aber wird einzig und allein durch Bezugspersonen gedeihen, die möglichst viel und einfühlsam mit ihm sprechen. Für diese Art von Nahrung existiert kein Ersatz.»

Diese Erkenntnis der Wissenschaft auch in den Köpfen der Eltern zu verankern, hat sich Suskind mit ihrer «Thirty Million Words Initiative» zur Mission gemacht. Das Elternbildungsprogramm richtet sich an Mütter und Väter aus der sozialen Unterschicht. Es soll ihnen helfen, ihre kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern – und den Kindern langfristig bessere schulische Perspektiven ermöglichen. Bisher haben ein paar Hundert Familien aus Chicago mitgemacht, für den nächsten Durchlauf haben sich weitere zweihundert angemeldet. In fünf Jahren sollen erste Daten Aufschluss geben darüber, ob die Initiative Früchte trägt. In Zeiten, wo die Schere zwischen Arm und Reich immer grösser wird, dürften die Resultate auch Bildungspolitiker ausserhalb der USA interessieren.

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